Anspruchsvolle Rauminszenierungen verstärken den Erlebnischarakter eines Ausstellungsbesuches. Deshalb fließt viel Kreativität, Zeit und Geld in die Gestaltung der Ausstellungsräume oder auch mobiler Stationen. Ein Grund mehr, diese Gestaltungen umweltfreundlich umzusetzen.
Ausstellung „Haus der Berge“, Nationalparkverwaltung Berchtesgaden, © Atelier Brückner, M. Jungblut
Ausstellungen bilden einen besonderen Schwerpunkt innerhalb der Umweltkommunikation. Neben vielen anderen Medien gehören sie heute zum festen Repertoire zielgruppenspezifischer Kommunikation. Nicht nur große Museen, Forschungseinrichtungen und Bildungszentren, sondern zunehmend auch kleinere Umweltvereine und -verbände, Kommunen, Betriebe, Kirchen oder Schulen nutzen die Chance, über eine attraktive Ausstellung ihr Zielpublikum anzusprechen und für verschiedenste Nachhaltigkeitsthemen zu begeistern.
Mit Texten, Spielen, Bildern, Originalexponaten, Hörstationen, multimedialen Installationen, Filmen, Modellen, Experimenten, Computerstationen und weiteren Vermittlungsformen können in Ausstellungen Themen so frei und vielseitig präsentiert werden wie in keinem anderen Medium.¹ Ausstellungen sind dabei als inszenierte Erlebnis- und Erfahrungswelten zu verstehen, die es ermöglichen, für einen gewissen Zeitraum völlig in ein Thema einzutauchen. Gerade komplexe Sachverhalte lassen sich durch Ausstellungen besonders gut vermitteln, da die Themen in der Regel nicht eindimensional, sondern aus mehreren Perspektiven beleuchtet werden. Der unterschiedliche Einsatz von Medien innerhalb von Ausstellungen ermöglicht dabei verschiedenartige Zugänge für den Besucher, sich Themenschwerpunkte, Inhalte und Botschaften in einem selbst gesteuerten Lernprozess zu erschließen.
Ungewöhnliche Perspektiven auf den Lebensraum Wasser werden in diesem Ausstellungsraum durch veränderte Größendimensionen möglich. Die Raumdecke wird zum Wasserspiegel.
Ausstellung „Tropenparadies Lausitz? Klimawandel im Tertiär“, Museum der Westlausitz Kamenz
Von wesentlicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch die Gestaltung der Gesamtexposition, die den Erlebnischarakter unterstreicht und den Besucher spielerisch an das Thema heranführt.
Bei der Entwicklung einer Ausstellung sind verschiedene planerische Schritte zu berücksichtigen, die neben Überlegungen zum Raumkonzept, zum Design oder zur ästhetischen Wirkung auch Fragen der Besucherorientierung, des didaktischen Konzeptes und der Schaffung von Lernsituationen umfassen.² Die Ausstellung oder auch das gesamte Museum stellt einen Bildungs- und Lernort mit einer speziellen Lernumgebung dar, die vielfältige Verknüpfungen zur inneren und äußeren Lebenswelt der Besucher ermöglichen. Raumbilder werden damit zu Bildungsräumen³, die zu einer Interaktion zwischen Exponat und Besucher in attraktiv inszenierten Erlebnisräumen führen.⁴
Lernen während eines Ausstellungsbesuches ist „informelles“ Lernen, das heißt, es ist selbstbestimmt, wird durch eigenen Antrieb und eigene Motivation gesteuert⁵. Dabei wählt der „Lernende“ aus dem Angebot die Dinge aus, denen er sich widmen möchte. Neben einer klaren Gliederung der Ausstellungsthemen und -inhalte, einer geschickten Anordnung der jeweiligen Exponate und einer gut durchdachten Ausstellungsdramaturgie spielt die Glaubwürdigkeit der Lernumgebung eine nicht zu unterschätzende Rolle für die Motivation des Besuchers. Gerade im Umweltbereich erreichen „gut gemeinte Botschaften“ nur dann ihr Zielpublikum nachhaltig, wenn sie auch vorgelebt werden. Eine Ausstellung, die sich dem Thema „Energie“ widmet und zum sparsamen Umgang mit Energie motivieren möchte, wird wohl kaum als glaubwürdig wahrgenommen, wenn die Beleuchtung der Exponate mit energiefressenden Scheinwerfern erfolgt. Ebenso kritisch wäre eine Wanderausstellung zu umweltfreundlichen Verpackungstechniken zu sehen, die selbst aber aufwendig und mit nicht wiederverwendbaren Verpackungsmaterialien für den Transport ausgerüstet ist. Die Liste weiterer Beispiele ließe sich leicht fortsetzen.
Wenn es gelingt, Inhalt, Botschaft und Umsetzung einer geplanten Ausstellung in Einklang zu bringen, wird die Exposition zu einem authentischen Lern- und Erlebnisort, der – offensiv oder subtil – die technische Umsetzung selbst zu einem Teil der Präsentation werden lässt. Bei der Konzeption, Planung und Umsetzung von Nachhaltigkeits- und Umweltausstellungen sollten deshalb alle Bereiche, die Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum für nachhaltige Lösungen bieten, möglichst umfassend genutzt werden. Folgende Kriterien sollten für die Materialwahl, die Herstellung der Elemente, ihren Einsatz, die Technik und die Organisation berücksichtigt werden:
- ressourcenschonende und emissionsarme Herstellung
- Langlebigkeit
- reduzierte Materialvielfalt
- umweltschonender Transport
- Verwendung regionaler (zertifizierter) Baustoffe / Materialien
- weitgehende Emissionsfreiheit bei der Nutzung
- Reparaturfähigkeit
- leichte Auswechselbarkeit
- energiearmer Betrieb
- Recyclingfähigkeit
- Nachnutzungsmöglichkeiten
- umweltschonende Entsorgung
Wanderausstellung “Zukunftsprojekt Energiewende”, DBU Zentrum für Umweltkommunikation
Auch die Verwendung nachwachsender Rohstoffe als Alternative zu fossilen Rohstoffen kann sinnvoll sein, stellt jedoch in der Gesamtbilanz durchaus nicht immer die bessere Lösung dar. Sie sollte daher genau geprüft und mit anderen Optionen verglichen werden. Ähnlich schwer zu verallgemeinern ist das Kriterium der Substitution von materialintensiven Kulissenbauten durch den Einsatz neuer Medien und Techniken. Auch hier ist der Einzelfall zu prüfen und ein Abwägen unterschiedlicher Lösungen erforderlich. Eine Besonderheit stellen Wanderausstellungen dar, für die kein festes Raumkonzept entwickelt werden kann. Hier ist es erforderlich, spezielle Ausstellungsmodule zu entwickeln, die einen flexiblen Einsatz und eine auf die jeweilige Raumsituation des Entleihers zugeschnittene Anordnung und Kombination ermöglichen. Angesichts der besonders hohen Materialbeanspruchung durch Transport, Zwischenlagerungen sowie Auf- und Abbau sind zudem besondere Anforderungen bezüglich der Handhabung und Festigkeit der Materialien zu bedenken. Aber auch bei Wanderausstellungen sollten die genannten Kriterien zur Nachhaltigkeit Berücksichtigung finden.
Diese Website will einen Einblick in die vielschichtigen Fragestellungen zur umweltfreundlichen Gestaltung und zum umweltfreundlichen Betrieb von Ausstellungen geben. Gleichzeitig soll sie aber auch als Ratgeber dienen, der Anregungen und Hilfestellungen für die Entwicklung geeigneter Lösungen bietet. Angesprochen werden Ausstellungsmacher:innen im weitesten Sinne. Neben Museumsexpert:innen und anderen Veranstalter:innen von Ausstellungen sind dies Ausstellungsagenturen mit ihren Konzepter:innen, Gestalter:innen und Umsetzer:innen, des Weiteren Architekt:innen, Ingenieur:innen und Handwerker:innen. Aber auch der „Nicht-Experte“, etwa der*die Mitarbeiter:in eines Umweltbildungszentrums, eines Umweltvereins oder –verbandes, einer Kommune oder der*die Leiter:in eines kleinen Heimatmuseums, kann hier wichtige Hinweise für die Ausschreibung oder die eigene Umsetzung seiner geplanten Ausstellung finden. Der Ratgeber verfolgt drei wesentliche Ziele:
- Es soll deutlich werden, dass umweltfreundliches Ausstellen mit der Konzeption anfängt. Für ökologisch problematische Materialien, gibt es nicht immer eine Alternative, die „1:1“ einzusetzen ist.
- Es soll die Bereitschaft gefördert werden, sich tiefergehend mit den verwendeten Materialien und Produkten auseinanderzusetzen. Am Anfang möglicher Veränderungen steht die Erkenntnis ihrer Notwendigkeit. Auch Materialien mit „Öko- Charme“ können umweltschädlich sein.
- Der Erfahrungsaustausch zwischen Ausstellungsmachern soll gefördert werden.
Wer vertrauenswürdige Produkte oder gute Lösungen für ein typisches Ausstellerproblem gefunden hat, sollte diese Erfahrungen mit anderen Ausstellungsmachern teilen. Eine wichtige Grundlage für die Inhalte und Aussagen in diesem Ratgeber bilden Befragungen von Experten und Fachgespräche, in denen Problemfelder und Lösungsansätze im Themenkontext identifiziert wurden. Gleichwohl können nicht alle Themenfelder vollständig und in gleicher inhaltlicher Tiefe behandelt werden. Hinzu kommt, dass sich Ausstellungen wie auch andere Medien dynamisch entwickeln und aktuellen Trends folgen. Es werden sich deshalb in Zukunft nicht nur neue Fragestellungen, sondern auch neue technische und konzeptionelle Möglichkeiten ergeben, Ausstellungen umweltfreundlicher als bisher zu gestalten.